Value Chain vs Supply Chain: Was ist der Unterschied?

Veröffentlicht am in Logistik der Zukunft
4 Minuten Lesezeit

Wenn es um die ganzheitliche Optimierung der Logistik geht, steht oft die Supply Chain im Mittelpunkt. Doch wäre es nicht besser, die Wertschöpfungskette unter die Lupe zu nehmen? Was ist eigentlich der Unterschied zwischen der Supply Chain und der Value Chain?

Zusammengefasst können wir sagen: Die Value Chain (Wertschöpfungskette) umfasst alle Aktivitäten eines Unternehmens, die Kundenwert erzeugen. Je besser die Summe dieser Aktivitäten einen Bedarf trifft, desto höher ist der Kundenwert.

Ein Teil dieser Aktivitäten ist der Austausch von materiellen und immateriellen Gütern. Den regelt die Supply Chain (Lieferkette). Je effizienter der Güteraustausch bewerkstelligt wird, desto höher ist die Verfügbarkeit dieser Güter. Weil Güteraustausch zum Kundenwert beiträgt, ist die Supply Chain ein Teil der Value Chain.

Was ist nun als Supply Chain Manager, Logistikleiter oder Operations Director schlauer zu optimieren, die Supply Chain oder die Value Chain? Wir haben uns auf die Suche begeben und die wichtigsten Ergebnisse zusammengetragen. Starten wir ins Duell Supply Chain vs. Value Chain!

Infografik: Duell Value Chain vs. Supply Chain

Was ist die Supply Chain (Lieferkette)?

Die Supply Chain startet beim ersten Produktionsschritt und endet bei den Kunden. Dazwischen gibt es viele Knotenpunkte zwischen denen materielle und immaterielle Güter ausgetauscht werden. Das sind zum Beispiel Rohstoffe, Waren, Dienstleistungen, Informationen und Geld.

In ihrer klassischen Form beschreibt die Supply Chain den Güteraustausch von der Produktion, über die Distribution, bis hin zum Point of Sale und zu den Kunden nach Hause (letzte Meile).

Aufbau einer klassischen Supply Chain
Aufbau einer klassischen Supply Chain

Supply Chain Beispiel: Ein Kunde kauft einen Computer

Bis der Computer in den Händen der Kunden landet, werden viele Güter ausgetauscht. Zuerst werden Rohstoffe abgebaut und im Anschluss zu einem Computer verarbeitet. Die Computer werden in Zentrallagern zusammengefasst und dann entweder in Geschäfte gebracht oder an Endkunden direkt verschickt.

Damit der Computer reibungslos beim Kunden ankommt, werden viele Informationen über Lieferzeitpunkte oder Lagerbestände ausgetauscht und der Geldfluss kontrolliert. Auch die Ausbringung von einem Service, das der Kunde nach dem Erwerb des Computers beansprucht, beispielsweise ein Reparaturservice, ist Aufgabe der Supply Chain.

Ziel der Supply Chain ist die maximale Effizienz des Güteraustauschs

Das Supply Chain Management hat einen klaren Fokus: Die Effizienz des Güteraustauschs. Es geht um Kosten, Qualität und (Liefer-)Zeit des Güteraustauschs. Jede Optimierung der Supply Chain zielt darauf ab, diese Merkmale einzeln oder kombiniert zu optimieren. Bessere Qualität, dafür aber günstiger und schneller. Die Kernfrage ist: Was wird ausgetauscht und wie?

Was ist die Value Chain (Wertschöpfungskette)?

Die Value Chain startet – exakt wie die Supply Chain – beim ersten Produktionsschritt und endet beim Kunden. Dazwischen gibt es viele Verbindungen (Supply Chain) und Knotenpunkte, in denen Kundenwert entsteht. Die Knotenpunkte sind Standorte, Unternehmen, Personen oder Computer. Die Value Chain fasst alle Aktivitäten zur Wertentstehung in einem Netzwerk zusammen.

Value Chain Beispiel: Ein Kunde kauft einen neuen Computer

Für den Kunden sind beim Kauf drei Dinge wichtig. Er braucht einen Computer mit einem schnellen Prozessor, weil er Videos schneidet. Er will den Computer so schnell wie möglich haben, da er ihn für die Arbeit benötigt. Zudem hat er eine Preiskategorie im Kopf.

Wenn der Computerhersteller diesen Kunden gewinnen möchte, werden alle Unternehmensaktivitäten so ausgerichtet, dass maximaler Kundenwert entsteht. Angeboten wird demnach ein Computer mit schnellem Prozessor, der schnell verfügbar und preiswert ist.

Neben Schlüsselaktivitäten wie Produktion und Marketing gibt es noch viele weitere Aktivitäten, die für den Kunden Mehrwert erzeugen. Zum Beispiel könnte der Computer mit einem Servicepaket angeboten werden, damit sich der Kunde keine Sorgen über etwaige Reparaturen machen muss.

Ziel der Value Chain ist Mehrwert für den Kunden zu generieren

Value Chain Management hat einen klaren Fokus: Der Mehrwert für die Kunden. Dabei gibt es viele Einflussgrößen, wie zum Beispiel Trends, die wirtschaftliche Gesamtlage, Influencer und das Wetter. Jede Optimierung der Value Chain zielt darauf ab, den Kundenwert zu erhöhen. Im besten Fall hat das Produkt ein Alleinstellungsmerkmal und schafft für das Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil. Die Kernfrage ist: Warum wird etwas gemacht und wie?

Die Value Chain erstreckt sich über alle Unternehmen von der Produktion bis hin zum Kunden, aber auch innerhalb eines einzelnen Unternehmens. Zweiteres lässt sich anschaulich durch das Value Chain-Modell von Michael E. Porter darstellen und erklären. Die Wertschöpfungskette nach Porter unterscheidet zwischen primären und unterstützenden Aktivitäten. Die fünf primären Aktivitäten Inbound Logistics, Operations, Outbound Logistics sowie Marketing&Sales und Service tragen direkt zum Kundenwert bei. Unterstützende Aktivitäten braucht jedes Unternehmen, um die primären Aktivitäten ausführen zu können. In diesem Modell ist sehr gut erkennbar, dass der Güteraustausch (Inbound Logistics und Outbound Logistics) wesentlich für den Kundenwert ist.

Infografik: Value Chain-Modell nach Porter
Value Chain-Modell nach Porter

Value Chain vs. Supply Chain – die Unterschiede auf einen Blick

Die Value Chain fasst alle Aktivitäten – von der Produktion bis hin zum Kunden – zusammen, die Kundenwert erzeugen. Der Kundenwert (Value) entsteht in vielen Knotenpunkten und in den Verbindungen dazwischen. Die Summe dieser Values – oft zusammengefasst in Value Propositions – erzeugt im Idealfall einen Wettbewerbsvorteil.

Die Supply Chain regelt den Güteraustausch zwischen den Knotenpunkten und stellt die Verfügbarkeit von materiellen und immateriellen Elementen sicher. Weil auch der Güteraustausch Kundenwert erzeugt, ist die Supply Chain ein Teil der Value Chain.

Value Chain vs Supply Chain

Hier nochmal eine direkte Gegenüberstellung:

Detaillierte Gegenüberstellung: Value Chain vs. Supply Chain

Unser Fazit: In Value Chains zu denken eröffnet neue Optimierungsmöglichkeiten

Wie schon oben beschrieben, richtet die Value Chain den Fokus auf alle Aktivitäten, die Kundenwert erzeugen – materiell und immateriell. Im direkten Vergleich zwischen  klassischen Supply Chain- und den Value Chain-Modellen lässt sich schnell feststellen, dass erstere hier oft zu kurz greifen. Der Supply Chain-Ansatz vernachlässigt in den meisten Fällen die immaterielle Wertentstehung. Die weite Verbreitung dieser Modelle liegt daran, dass in den letzten Jahrzehnten der Kundenwert hauptsächlich durch Produktion und effiziente Verteilung entstanden ist. Das hat sich in den letzten Jahren allerdings grundlegend geändert. Nun steht Information im Mittelpunkt – ein immaterieller Kundenwert. Die Kunden wollen Produkte kaufen, die an ihr Leben angepasst sind und ein Problem lösen. Sie wollen möglichst viel über das Produkt wissen, selbst mitgestalten und einbezogen werden. Dazu müssen zwischen den Kunden und dem Unternehmen viele Informationen ausgetauscht werden, die sich auch auf Produktion und Verteilung auswirken. Und das erfordert eine neue Denkweise.

In Value Chains zu denken, rückt den Kunden in den Fokus. Die Art und Weise, wie Dinge gemacht werden, kann völlig neu erfunden werden. Beleuchten wir hierzu das Thema Retouren. Anstatt Retouren möglichst effizient zu managen (Ansatz der Supply Chain), könnte man durch eine bessere Verkaufsberatung dafür sorgen, dass Retouren gar nicht oder nur in kleiner Anzahl entstehen. Ein weiteres gutes Beispiel ist die Bedarfsermittlung durch die Analyse von Kundenverhalten oder Wetterprognosen. Positiver Nebeneffekt: Die zwei Beispiele sind auch richtig nachhaltig. Hier bietet die Digitalisierung viele neue Chancen.

Der Value Chain-Ansatz macht ein Unternehmen zudem resilienter. Wie? Ganz einfach. Die Value Chain ist wie der Bauplan zur Generierung des Kundenwerts. Sie definiert, warum ein Produkt ausgebracht wird und wie. Selbst wenn Produzenten oder Lieferanten wegen unvorhergesehenen Ereignissen wie Naturkatastrophen, Pandemien oder Krieg ausfallen, bleibt dieser Bauplan bestehen. Neue Geschäftspartner können eingesetzt werden. Das erzeugt Widerstandsfähigkeit und macht die Value Chain resilient.

Das Duell Value Chain vs. Supply Chain ist klar entschieden. Durch ihren ganzheitlichen Ansatz bietet die Value Chain unendlich viele Gestaltungs- und Optimierungsmöglichkeiten, die weit über den Güteraustausch (Supply Chain) hinaus gehen: Neue Technologien, neue Fähigkeiten von Mitarbeitern und neue Geschäftsmodelle.

Im Vergleich zu Supply Chain birgt die Value Chain mehr Optimierungspotenzial

Wir bei KNAPP lieben diese Welt neuer Möglichkeiten. Als Value Chain Tech Partner wollen wir mit unseren Kunden alle Value Chain-Potenziale voll ausschöpfen. Damit machen wir unsere Kunden noch erfolgreicher.

Wollen auch Sie Ihre Value Chain optimieren? Dann melden Sie sich bei uns!

4 Minuten Lesezeit
Martin Wallner
In Value Chains zu denken eröffnet eine Welt voller neuer Möglichkeiten. Zu diesem Thema bloggt Martin für Sie.

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