Smarte SAP® EWM Funktionen und Lösungen für die Pharma-Lieferkette
Die praktische Umsetzung von Vorgaben rund um die Serialisierung von Medikamenten stellt Unternehmen entlang der Pharma-Lieferkette vor einige Herausforderungen. Gilt es doch u.a. einer großen Menge an individuellen Seriennummern gemäß der jeweiligen länderspezifischen Regularien zu koordinieren und auch die Rückmeldungen in unterschiedlichsten textlichen Formaten (E-Mail, PDF, Excel, etc.) der diversen Stakeholder zu verarbeiten. Ohne ein intelligentes wie integriertes Warehouse Management System (WMS) ist das nur schwer zu meistern. Mit Thomas Furthmayr, Geschäftsführer KNAPP IT Solutions, sprachen wir daher über nützliche Funktionen, Vorteile und smarte Lösungen mit der WMS-Software SAP® Extended Warehouse Management (EWM) für die Pharmabranche.
Vorab, was ist SAP® EWM by KNAPP?
Thomas Furthmayr: SAP® Extended Warehouse Management, kurz SAP® EWM, ist eine Logistiksoftwarelösung aus der Supply Chain Management Suite von SAP. Dieses Modul ist ein Warehouse Management System (WMS) mit integriertem Warehouse Control System (WCS) und Materialflusssteuerung (MFS). Der große Funktionsumfang ermöglicht neben der Bestandsverwaltung auch eine flexible und dynamische Abwicklung des Warenflusses in einem Lager.
KNAPP IT Solutions ist das Kompetenzzentrum der KNAPP-Gruppe für SAP® EWM. Wir sind seit 2012 offizieller SAP Partner und bieten mit SAP® EWM by KNAPP diverse Implementierungsvarianten, Lösungen und Services auf SAP®-Basis für verschiedene Branchen an.
Welche Vorteile ergeben sich mit SAP® EWM by KNAPP als WMS für Unternehmen in der Pharmabranche?
Thomas Furthmayr: SAP® EWM ist ein optimales Warehouse Management System für alle, die auf eine SAP®-IT-Strategie (SAP® ERP bzw. S/4HANA) setzen. Als Best-of-Suite-Lösung schafft SAP® EWM eine einheitliche und zentrale Abbildung aller Geschäftsprozesse und der zugehörigen Logiken in einem System. Diese harmonisierte SAP® End-to-End Landschaft bringt diverse Vorteile für das Warehouse Management System.
Der üblicherweise in der Pharmabranche eingesetzte hohe Automatisierungsgrad kann dank der direkten Kopplung von SAP® EWM an die Steuerung (SPS) wesentlich sinnvoller und sicherer abgebildet werden: Weniger Schnittstellen und eine lückenlose zentrale Prozesssteuerung in SAP® EWM reduzieren die Fehleranfälligkeit beim Datenaustausch und erhöhen die Geschwindigkeit der Kommunikation. Durch die gesamtheitliche Lösung in SAP® EWM können auch die Ursachen von aufgetretenen Fehlern effizient und unkompliziert ermittelt werden.
In SAP® EWM Projekten für Kunden aus der Pharmaindustrie fließt zudem unser detailliertes Prozess-Know-how aus dieser Branche in Form von Best-Practice-Lösungen in den Implementierungsprozess mit ein. Diese Expertise basiert auf über 700 Installationen der KNAPP-Gruppe weltweit für große Kunden wie Alliance Healthcare, McKesson, ABCD, Phoenix, Noweda oder Sanacorp bis zu lokalen Healthcare-Spezialisten.
Serialisierung ist ein besonderes Thema für die Pharma-Lieferkette. Wie sieht es damit in SAP® EWM aus?
Thomas Furthmayr: Seit Februar 2019 gelten in der EU strenge Vorgaben für die Sicherstellung legaler Lieferketten in der Pharmabranche. Ähnliche Regularien wurden auch außerhalb der EU verabschiedet, wobei diese alle auf die Sicherstellung der Fälschungssicherheit abzielen. Die Umsetzung in der Supply Chain ist allerdings zum Teil abweichend definiert. Diese Anforderungen an die Prozesssicherheit betreffen natürlich auch die Prozesse im Lager und der Warehouse Management Systeme.
In der Standardausführung erlaubt SAP® EWM über die Funktion der Seriennummernverwaltung ein komplettes Track und Trace von allen Einzelstücken entlang der gesamten Lieferkette vom Hersteller bis zu den diversen Abgabestellen wie Apotheken oder Spitäler. Das bildet zwar eine gute Basis für eine durchgehende Verfolgung von Seriennummern, die Anforderungen an die Serialisierung in der Pharmabranche gehen aber hinsichtlich der benötigten Prozessflexibilität darüber hinaus. Die Minimalanforderung ist üblicherweise, dass der Produzent die Seriennummern in einer nationalen Datenbank bekannt gibt sowie den erlaubten Vertriebsmarkt festlegt. Vor der Abgabe des entsprechenden Medikaments wird dessen Echtheit über die vergebene Seriennummer gegen die Datenbank verifiziert und die ausgegebene Seriennummer deaktiviert. Durch die Bekanntgabe und spätere Deaktivierung wird verhindert, dass Patienten gefälschte Arzneien (mit keiner, ungültiger oder doppelter Seriennummer) erhalten.
In der Lieferkette ist nicht in allen Ländern ein durchgängiges Tracking der Seriennummern gefordert. In der EU ist in der Regel keine Verfolgung vom Hersteller zum Großhändler oder in Folge vom Großhändler in die Apotheke vorgesehen. Wird Ware allerdings zwischen unterschiedlichen Großhändlern ausgetauscht, so muss eine Authentizitätsprüfung erfolgen. Ebenso muss die Deaktivierung von Produkten durch den Großhändler ausgeführt und damit im Warehouse Management System abgebildet werden, wenn Ware direkt an Kunden geliefert wird (Direct-to-Patient Delivery) oder der belieferte Kunde selbst keine Möglichkeit zur Deaktivierung besitzt wie Spitäler.
Können die verschiedenen Vorgaben zur Serialisierung in SAP® EWM by KNAPP umgesetzt werden?
Thomas Furthmayr: Ja, in SAP® EWM by KNAPP haben wir Lösungen aufbauend auf dem SAP® EWM Standard realisiert, um den diversen Regularien gerecht zu werden. Über eine Erweiterung der Stammdaten werden die betroffenen Produkte mit dem Attribut „Pharma-Serialisierung obligatorisch“ versehen und die länderspezifischen Prozessschritte hinterlegt. Beides kann der Kunde nach Bedarf, wenn sich beispielsweise die Anforderungen ändern, auch selbst pflegen und aktualisieren. Ein Schnittstellen-Layer stellt zudem die Basis für die Kommunikation zu den länderspezifischen Datenbanken via Web-Service zur Verfügung und bildet die Prozessintegration aller Nachrichtentypen sowie die notwendigen Fehlerhandlings ab.
Wie sehen die Prozesse für die Serialisierung beispielsweise im Wareneingang und Warenausgang in SAP® EWM by KNAPP aus?
Thomas Furthmayr: Im Bereich des Wareneingangs sind gemäß diverser geltender Regeln zur Serialisierung die notwendigen Nachrichten- bzw. Abfragemöglichkeiten gegeben. Eine davon wäre zum Beispiel eine risikobasierte Verifikation von einem nicht qualifizierten Partner (z.B. ein anderer Großhändler). Bei der Abgabe an den Endkunden über E-Commerce oder an Kunden mit delegiertem Prozess wie Abgabestellen ohne Auscheckmöglichkeit kann eine Erfassung direkt im Kommissionierprozess oder an speziellen Stationen erfolgen. Ist eine Vision Central Belt Lösung vorhanden, erfasst deren spezielle Kameratechnologie automatisch die Seriennummer während der Kommissionierung. Diese wird im SAP® EWM by KNAPP verbucht und weitere aufwendige manuelle Schritte entfallen.
Chargenverwaltung ist ein weiterer wichtiger Punkt für die Pharma-Lieferkette.
Thomas Furthmayr: SAP® EWM verfügt über eine Fülle von Funktionen rund um die Anlage und Verwaltung von Chargen vom Wareneingang bis zum Versand. Im Zuge der Anlieferung können neue Chargen direkt im SAP® EWM angelegt und Merkmale wie zum Beispiel die Lieferantencharge sowie das Verfallsdatum hinterlegt werden. Die Verwendung einer verlängerten Restlaufzeit bei der Kommissionierung für ausgewählte Kunden oder die Zuordnung expliziter Chargen sind weitere Anforderungen der Pharmabranche, welche im SAP® EWM gut umsetzbar sind. Über den Lagerverwaltungsmonitor sind jederzeit sämtliche Chargen ersichtlich und nach Lagerbeständen sowie Merkmalen selektierbar.
Eine weitere wichtige Funktion ist die Möglichkeit, Chargen zu sperren, welche zum Beispiel bei einem Rückruf einer oder mehrerer Chargen eines Lieferanten zum Einsatz kommt. Im Lager muss dann sichergestellt werden, dass keine Kommissionierung der angekündigten Chargen stattfindet bzw. bereits kommissionierte Ware dieser Chargen das Lager nicht verlässt, sondern ausgetauscht wird. Noch nicht im SAP® EWM bekannte Chargen werden in einer sogenannten „Blacklist“ gespeichert und somit ist sichergestellt, wenn sie zukünftig bei einer Anlieferung auftauchen, dass eine Identifizierung und sofortige Sperre stattfindet. Die prozesssichere Abbildung dieser Anforderungen ist eine der Lösungen, welche durch SAP® EWM by KNAPP zur Verfügung steht.
Welche nützlichen Funktionen bietet SAP® EWM by KNAPP noch für die Pharma-Branche?
Thomas Furthmayr: SAP® EWM verfügt in seiner Standardausführung bereits über alle wichtigen Funktionen eines professionellen Warehouse Management Systems. Für unsere bisherigen Kunden aus dem Pharma Wholesale und Pre-Wholesale waren neben Serialisierung und Chargenverwaltung noch andere sehr spezifische Anforderungen dieser Branche wichtig und die vorgestellte Lösung ausschlaggebend für die Entscheidung für SAP® EWM by KNAPP:
Welche Varianten für die Einführung von SAP® EWM by KNAPP als Warehouse Management System gibt es?
Thomas Furthmayr: Als ein flexibles und skalierbares Lagerverwaltungssystem ist SAP® EWM für jeden Automatisierungsgrad – RF/Voice-geführte bis zu vollautomatisierten Lagern – geeignet. Unser Leistungsportfolio umfasst verschiedenste Varianten für die Implementierung, aber auch für die Optimierung von bestehenden SAP® EWM Lösungen in der Pharmabranche.
Mit unserer Healthcare Model Company für SAP® EWM beispielsweise entfällt eine langwierige Pflichtenheftphase. Die Model Company beinhaltet bereits alle wichtigen Kernprozesse vom Wareneingang über die produktgerechte Lagerung und Qualitätskontrolle bis zum Warenausgang, konfiguriert in einer Art und Weise, wie sie in der Pharmabranche benötigt werden. Branchenübliche Automatisierungslösungen wie beispielsweise ein Zentralbandautomat oder ein Ware-Zu-Person-Kommissioniersystem sind dabei ebenso in der Healthcare Model Company abgebildet und in das SAP® EWM integriert. Mit einer professionellen Emulationssoftware können diese Produkte in einem Workshop am System prozessseitig durchgespielt werden. Abläufe und Anforderungen, die darüber hinaus notwendig sind, definieren wir gemeinsam mit dem Kunden am System und setzen diese schnellstmöglich um. Das reduziert Zeit, Kosten und Risiko in der SAP® EWM-Einführung.
Neben Greenfield-Projekten sind wir auch auf Retrofit-Projekte mit SAP® EWM zur Ablöse von bestehenden, nicht von SAP stammenden, WMS- oder WCS-Systemen spezialisiert. Dabei profitieren Kunden von unserer langjährigen Erfahrung mit Automatisierungstechnologie von KNAPP und von diversen anderen Herstellern, die wir bereits im Zuge von Retrofit-Projekten direkt in SAP® EWM integriert haben. Wenn verschiedene Warehouse Management Systeme im Einsatz sind, erarbeiten wir basierend auf den Lager- und Branchenspezifikationen mit dem Kunden gemeinsam ein optimales Template-Design in SAP® EWM und begleiten beim internationalen Roll-out.
Welche Optionen gibt es für Kunden, die bereits SAP® EWM eingeführt haben?
Thomas Furthmayr: In der Optimierung bestehender oder laufender EWM-Implementierungen unterstützen wir mittels SAP® EWM Spotconsulting. Zudem steht unserer ITIL® zertifizierte 24/7 SAP® EWM Service Desk auch denjenigen SAP® EWM-Anwendern zur Verfügung, welche SAP® EWM entweder selbst oder mit anderen SAP Partnern eingeführt haben.
In unseren Projekten kommen unser detailliertes Prozess-Know-how und unsere KNAPP Building Blocks zum Einsatz. Diese SAP® EWM Software- und Konfigurationsbausteine erweitern den SAP® EWM Standard um branchenspezifische Anforderungen der Pharmaindustrie sowohl hinsichtlich Prozessabbildung und Funktionserweiterungen als auch der nahtlosen Integration von branchenüblichen Automatisierungslösungen.
Weiterführende Leseempfehlungen
Welche 11 Fragen sollte man sich unbedingt vor einer SAP® EWM-Einführung stellen? Diese Fragen samt Antworten finden Sie in diesem Blogbeitrag.