Der Megatrend Urbanisierung hat Einfluss auf alle Bereiche von Mobilität bis hin zur Versorgung. Immer mehr Menschen sind auf immer weniger Platz zu versorgen – und das schnell und unkompliziert. Welche neuen Services und Absatzkanäle ergeben
sich – und wie ist das mit dem Thema Nachhaltigkeit zu vereinbaren? Fragen, die auch wir uns als starker Partner für Automatisierung und Digitalisierung stellen. Nachfolgend befassen wir uns mit dem Thema „Retail Technology Trends“. Unsere Experten aus dem Sales und Product Management stehen dem EHI LAB Rede und Antwort zu den Herausforderungen, die sich dadurch innerhalb der Wertschöpfungskette ergeben.
Gut zu wissen
Das EHI LAB ist eine Plattform für junge Retail Professionals. Diese fördert den Wissensaustausch, Gespräche und gibt spannende Impulse aus Forschung und Praxis. Kira Wiesner bat unsere Experten für urbane Lösungen zum Gespräch.
Kira Wiesner ist Projektmanagerin des EHI LAB. Kira sprach mit Jürgen und Wolfrum in ihrem Podcast über das Thema intelligente, urbane Netzwerke und generelle Retail Technology Trends.
Wolfrum Hofbauer ist Head of Sales für Food Retail Solutions bei der KNAPP Systemintegration GmbH. Durch den engen Kundenkontakt kennt Wolfrum die Bedürfnisse und Anforderungen unserer Kunden in der Lebensmittelindustrie genauestens. Daraus leitet er gemeinsam mit anderen Abteilungen aus den Trends Lösungen ab.
Jürgen Drobesch ist Portfolio Manager Value Chain Solutions im Product Management der KNAPP AG. In seinem Bereich beschäftigt er sich mit innovativen Produkten und Lösungen der Zukunft, um die Value Chains effizienter, resilienter und nachhaltiger zu gestalten.
Was bedeutet Value Chain eigentlich?
Jürgen: Unter dem Begriff Value Chain bzw. Wertschöpfungskette werden alle Tätigkeiten zusammengefasst, die notwendig sind, um ein Produkt zu entwickeln. Es herzustellen, zu vertreiben und auszuliefern. Das sind viele Stationen. Meist ist der Weg bis zum Endverbraucher ein langer. In der Distribution kommt dann häufig das Thema der Last Mile auf.
Kannst du bitte noch kurz erläutern, was die Last Mile ist?
Wolfrum: Die Last Mile ist der Weg vom letzten Lagerpunkt – also vom Lager – bis zum Endkunden. Das kann ein Konsument sein, der entweder zu Hause, in seinem Büro in Köln oder wo auch immer ist. Es kann aber auch ein Shop sein.
Warum liegt auf der Last Mile ein so starker Fokus?
Jürgen: Weil hier – also vom letzten Lagerpunkt bis zum Endpunkt – 50 % der Energie und der Ressourcen verbraucht werden. Und genau dort gilt es die Effizienz zu steigern. Das ist einer der Trends im Bereich Retail Technology für urbane Räume.
Wenn wir es hier schaffen, 10 % oder 20 % Kilometer weniger zu verbrauchen, dann schaffen wir einen Mehrwert sowohl in Richtung Effizienz wie auch in Richtung Servicequalität. Das kann eine Einsparung im Hinblick auf das Personal sein, weil ich mich beispielsweise näher beim Konsumenten befinde. Der Konsument von Heute möchte die bestellten Artikel innerhalb von 15 Minuten bekommen.
Genau hier entsteht dann auch die Customer Experience, wo sich der Konsument gut aufgehoben fühlt, weil er selbst entscheiden kann, zu welchem Zeitpunkt und an welchem Ort er seine Bestellung erhält. Dort kommt es dann auch erstmalig zum direkten Kontakt. Vorher ist es meistens ein Shop oder eine App. Dann ist es der direkte Hand-over-Prozess zum Konsumenten. Dort entsteht ein Wohlbefinden beim Konsumenten und ein nachhaltiges Geschäft oder eben auch nicht. Ist der Konsument zufrieden, wird er bei diesem Händler wieder bestellen.
Welche Herausforderungen bestehen aktuell in der Wertschöpfungskette?
Jürgen: Es gibt im Moment ein breites Feld an Herausforderungen. Einerseits sind die Supply Chains der Welt sehr stark im Umbruch. Damit ist die Planbarkeit und auch exakte Lieferzeitpunkte sehr stark ins Wanken gekommen. Die Wartezeiten sind dann oftmals vielleicht sogar um ein paar Monate länger. Das bedeutet, die Planbarkeit ist nicht mehr gegeben. Das nächste Thema ist der Personalmangel. Das bedeutet, wir werden mit weniger Personal zurechtkommen müssen und mit diesem effizienter werden.
Welche Trends sind am Markt erkennbar?
Jürgen: Die Barriere bestimmte Artikel online zu bestellen, ist in den letzten Jahren gefallen. Hier meine ich beispielsweise Lebensmittel. Früher haben die Konsumenten beispielsweise Click&Collect bevorzugt. Jetzt geht das Ganze mehr in Richtung Hauszustellung und das zu einem bestimmten Zeitpunkt. Hier sprechen wir mittlerweile von der ganzen Produktpalette: von den roten Schuhen, über den Wocheneinkauf an Lebensmitteln – und zwar das gesamte Sortiment. Das ist gerade im urbanen Raum sehr nachhaltig. Deswegen sprechen wir auch vom „intelligent urban network“.
Wolfrum: In Frankreich, Amerika und UK gibt es den Bereich E-Commerce für Food schon länger. Die Konzepte gibt es bereits. Was sich allerdings verändert hat ist der Servicegrad. Hier erhalte ich alles direkt bis vor die Haustüre. Zusätzlich ist noch der Quick-Commerce ein Thema geworden. Vor einigen Jahren war es undenkbar, innerhalb von etwa 10 Minuten die Bestellung entgegenzunehmen. Ich glaube, dass derjenige die größte Kundenbindung erzielen wird, der den besten Service anbieten kann. Im Mittelpunkt steht dabei ganz klar der Konsument. Ein Beispiel, das hier anzuführen ist, ist unser Kunde Intermarché, der in Lyon und Paris mit MFC automatisiert.
Jürgen: Der Konsument hat die Wahl zwischen vielen Anbietern. Wir sprechen hier von der Nachfrage-getriebenen Value Chain. Das bedeutet, der Endkunde gibt den Demand für die Wertschöpfungskette an und gibt dann damit auch vor, wie er wann, wo, welche Produkte und in welcher Menge erhalten möchte. Das hat nicht nur Auswirkungen auf den Shop, auf die Hauszustellung, sondern auch auf die Produktion.
Was kann denn in diesem Bereich automatisiert werden?
Jürgen: Insgesamt wird es künftig notwendig sein, massive Volumina in der Auslieferung zu bewältigen. Dazu braucht es kleine Automatisierungszentren im urbanen Bereich, um beispielsweise die mangelnde Ressource im Hinblick auf die Auslieferer zu kompensieren. Mithilfe von Automatisierung kann man hier Effizienz erzeugen und auch gleichzeitig sehr nahe am Konsumenten sein.
Was sind darüber hinaus aktuelle Trends, die ihr wahrnehmt?
Wolfrum: Einer der größten Trends ist definitiv die Nachhaltigkeit. In Form von Effizienz in der Shopbelieferung und dort auch in der Reduktion des CO2-Ausstoßes oder im Bereich des Fachkräftemangels. Hier ist Automatisierung die Lösung. Ein weiteres wichtiges Thema ist der Raum, der im städtischen Gebiet zur Verfügung steht. Der Konsument möchte seine Lieferung immer schneller und auch verlässlich erhalten. Städte regulieren den Transitverkehr. Demnach werden Logistikzentren an der Stadtgrenze gebaut – so genannte Micro Fulfillment Center oder kurz MFCs. Dies geschieht um einerseits um näher am Kunden zu sein, den Servicegrad zu optimieren aber auch um den Verkehr in den Städten zu reduzieren.
Wenn ich an die Lebensmittelindustrie denke, sind hier auch die Lösungen für die Filialbelieferung zu erwähnen, wo die Distributionszentren für Nachschub sorgen. Jeder Shop hat hier ein anderes Layout. Das heißt, dass die Regale je Filiale anders angeordnet sind. Die Paletten und Rollbehälter für diese sind so zu bilden, dass die Mitarbeiter möglichst effizient die Regale befüllen können. Dies berücksichtigen wir schon beim Palettieren der Aufträge. Und zusätzlich packen wir die Rollbehälter und Paletten so kompakt wie möglich, damit möglichst wenige LKWs für den Nachschub benötigt werden.
Wie schafft ihr es denn generell, die Netzwerke fit für die Zukunft zu machen?
Jürgen: Wir müssen die Ressourcen wie Personal und Energie wesentlich besser nutzen, um die Kundenansprüche zu erfüllen. Es geht aber auch um die Nachhaltigkeit in der Energieversorgung. Einerseits geht es um die Optimierung des Transports, hier gilt es effizienter zu werden. Die Distributionszentren sind zu automatisieren, um auch dort ressourcenschonend und nachhaltig agieren zu können.
Abschließend möchte ich euch noch fragen, was die wichtigsten Faktoren in der Bewertung der Value Chains sind.
Wolfrum: Einerseits ist der Servicegrad für den Konsumenten möglichst hochzuhalten und der Automatisierungsgrad ist an die Bedürfnisse der Supply Chain anzupassen.
Jürgen: Für mich ist es, dass der Konsument im Mittelpunkt steht. Ihm zu liefern, was er benötigt, ob das jetzt ein halber Liter Milch oder ein Medikament ist. Für mich ist es eine der wichtigsten zukünftigen Herausforderungen. Ressourcen und Energie zu sparen.
Micro Fulfillment Center als Retail Technology Trend
MFCs sind kleine automatisierte Lösungen in Verbindung mit einem Supermarkt. Sie funktionieren wie eine Filiale und bieten auch einen Online-Bestellservice. Dadurch steht dem Konsumenten das gesamte Sortiment zur Verfügung. MFCs versorgen drei bis fünf Filialen und eignen sich durch ihren geringen Platzbedarf vor allem für den urbanen Raum.
Kontaktlose In-Store-Technologie für den Point-of-Sale
Ein weiteres Konzept, das sich perfekt für das städtische Gebiet eignet, ist RetailStore. Das In-Store-Konzept verbindet die Vorteile von Onlineshops und Filialen. Das Ergebnis sind kontaktlose 24/7-Shoppingerlebnisse wie bei unsere Kunden EDEKA und Würth. In unserem vollautomatischen Kommissioniersystem lagert platzsparend ein umfangreiches Sortiment. Ergänzt wird das Ganze durch Features wie interaktive Bildschirme.
Hier gewährten wir einen Einblick in die MFCs bei unserem Kunden Intermarché
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Für das Gesundheitswesen, Textil und Mode, Handel, E-Commerce und Omnichannel Retail, Lebensmittelhandel und Produktion. Wir bieten für alle Branchen flexible und kreative Lösungen für die letzte Meile. Unsere intelligente Software zieht dabei im Hintergrund die Fäden. So optimieren wir gemeinsam mit unseren Kunden die Value Chain.
Intelligente Food Retail Netzwerke kombinieren Lebensmittel-E-Commerce und den stationären Lebensmittelhandel, um Konsumenten online und offline ein optimales Einkaufserlebnis zu bieten.
Intelligente Technologien für Omnichannel-Lösungen schaffen hier die Klammer zwischen online und offline. Dies erfüllt Kundenbedürfnisse und steigert die Wirtschaftlichkeit.
Zusätzliche Informationen
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